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Angesichts ihrer nicht unproblematischen Position an der Schnittstelle von Individuum und Gesellschaft
will und muss sich die Soziale Arbeit wesenhaft als eine kritische verorten. Dabei erfolgt ihre Kritik oftmals in Form einer ‚Kritik unter Berufung auf…‘, d.h. mit Bezug auf eine relevante theoretische
Strömung, einen politischen oder gesellschaftlichen Diskurs oder eine konkrete Theorie. So kritisiert die Soziale Arbeit die gegenwärtigen Geschlechterverhältnisse insbesondere unter Berufung
auf die kritisch-dekonstruktivistische (Geschlechter-)Theorie von Judith Butler. Will jene damit
angestrebte Theorieintegration Butlers in den Diskurs und die Praxis Sozialer Arbeit tatsächlich gelingen und nicht lediglich in einer semantisch verkürzten, naiven und unterkomplexen Scheinkritik
resultieren, ist es von unabdingbarer Bedeutung, sämtliche theoretischen Schnittmengen sowie ebenso vorhandene Divergenzen und deren Auflösungsmöglichkeiten zu identifizieren und entsprechend zu bearbeiten.
Dies ist Ziel der folgenden Arbeit: Anhand der jeweils vertretenen Subjekt-, Identitäts- und Anerkennungskonzepte,
die sowohl in der Sozialen Arbeit als auch bei Judith Butler essentielle theoretische Grundpfeiler darstellen, wird Butlers Theorie ausgewählten Ansätzen der Sozialen Arbeit gegenüberstellt und mit jenen zu synthetisieren versucht, um schließlich zu prüfen, ob der Integration ihrer Theorie zu große konzeptuelle Hürden entgegenstehen oder ob sich dies als eine machbare
Herausforderung darstellt. Dass und vor allem wie dies machbar ist, wird anhand von drei zentralen Syntheseversuchen aufgezeigt, die die hierfür notwendigen konzeptuellen ‚Umbauten‘ sowie
die erforderlichen theoretischen Neuformulierungen sukzessive aufarbeiten. Der Sozialen Arbeit wird im Zuge dessen eine aufmerksame und selbstkritische Eigenanalyse abverlangt, welche mit einigen aufwendigen theoriebezogenen Neuausrichtungen und auch Verwerfungen einhergeht, jedoch zur tatsächlichen Behebung der vorhandenen Theorieprobleme ein unverzichtbares Instrument darstellt. Nur auf diese Weise kann sich die Soziale Arbeit von Vorwürfen einer inkonsequenten und unvollständigen Theorieübernahme Butlers lossagen und ihr Attribut
‚kritisch‘ (weiterhin) adäquat verkörpern.