Refine
Document Type
- Conference Proceeding (23)
- Report (4)
Language
- German (27) (remove)
Has Fulltext
- yes (27)
Keywords
- Versicherung (27) (remove)
Das Forschungsprojekt dieses Jahres betont die Verbindung von Theorie und Praxis bei der Analyse der Interaktionen von Marktteilnehmern im Rückversicherungsmarkt. Im Fokus stehen mathematische/aktuarielle Ansätze, insbesondere im Kontext "Optimaler Rückversicherungsverträge". Die Schwierigkeit besteht darin, Erkenntnisse in den Marktalltag zu übertragen. Market Design wird als Schlüssel betrachtet, um greifbare Erkenntnisse zu generieren. Der Bericht stellt Fragen zur Motivation der Marktteilnehmer, den Zielen und Strategien. Eine empirische Befragung der Spieler könnte Einblicke in deren Entscheidungsprozesse liefern. Die Dynamiken im Markt, insbesondere im Hinblick auf Erneuerungszyklen und Retrozessionen, werden ebenfalls diskutiert. Schließlich betont der Bericht die Bedeutung von guten Spielregeln, um asymmetrische Informationen zu minimieren und das kollektive Nutzen von Markt und Gesellschaft zu fördern.
Proceedings des Researchers‘ Corner zur 16. Jahrestagung des Förderkreises Rückversicherung 2023
(2023)
Am 16. Juni 2023 fand die 16. Jahrestagung des Förderkreises Rückversicherung in Niederkassel bei Köln statt. Etwa 84 Repräsentanten der in dem Förderkreis mitwirkenden (Rück-) Versicherungsunternehmen und Gäste nahmen daran teil. Im Rahmen der Jahrestagung wurde zum neunten Mal der Researchers‘ Corner durchgeführt, in dessen Verlauf die sechs wissenschaftlichen Forscher*innen der Kölner Forschungsstelle Rückversicherung je einen Vortrag zu dem jeweils bearbeiteten Forschungsprojekt 2023 hielten.
In drei Sessions wurden die wichtigsten Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen der Kölner Forschungsstelle Rückversicherung präsentiert und diskutiert. Die Heterogenität der vorgetragenen Themen spiegelt die Verzahnung der Kölner Forschungsstelle mit der Rückversicherungspraxis wider.
Die Handelsspannungen zwischen den USA und China, die sich seit Anfang 2017 verschärft haben, hatten weitreichende Folgen. Am 6. Juli 2018 verhängten die USA Zölle auf chinesische Waren im Wert von 34 Mrd. USD, was Maßnahmen seitens Chinas nach sich zog. Dieser anhaltende Handelsstreit hat zu wirtschaftlichen Spannungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt geführt, die sich in der Einführung von Zöllen, Handelsbeschränkungen und geopolitischen Unsicherheiten niederschlagen. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen waren in verschiedenen Sektoren spürbar und führten zu Unterbrechungen in den globalen Lieferketten, erhöhten Produktionskosten und Nachfrageschwankungen auf den Märkten. Unternehmen, die in diesem komplexen Handelsumfeld tätig sind, sehen sich nun mit erheblichen Unsicherheiten konfrontiert. Die Automobilindustrie, einschließlich Autos, Autoteile, Stahl und Aluminium, ist besonders betroffen.
Die IEA prognostiziert einen Anstieg des globalen Anteils erneuerbarer Energien am Energiemix von 22,8% in 2015 auf 38,1% in 2027, begleitet von verstärktem (Rück-) Versicherungsbedarf. Sechs Herausforderungen in der Rückversicherung erneuerbarer Energien werden skizziert, darunter komplexe Underwriting-Anforderungen, zunehmende Integration von ESG-Faktoren, Bewertung der Zeichnungspolitik der Zedenten, Mangel an Schadenerfahrung, Naturkatastrophenexposition und die Anpassung von Rückversicherungsformen an die spezifischen Bedürfnisse. Die Zukunft erfordert den Aufbau von Expertise für erneuerbare Energien und eine ganzheitliche Bewertung von Schadensszenarien. Besonders im Offshore Wind Geschäft bleibt ein Druck auf Preise und Bedingungen bestehen.
Die Forschungsarbeit untersucht den sich verhärtenden Rückversicherungsmarkt und die Relevanz von Captives für Industrieunternehmen. Angesichts von Marktveränderungen wie steigender Inflation, Währungsschwankungen und höheren Schadensbelastungen überdenken Unternehmen ihre Risikomanagementansätze. Captives, insbesondere für mittelständische Unternehmen, gewinnen an Bedeutung. Sie bieten direkten Zugang zum Rückversicherungsmarkt, Unabhängigkeit und flexible Gestaltungsmöglichkeiten. Trotz Vorteilen wie optimierten Deckungsstrukturen und Umgehung von Marktveränderungen existieren Herausforderungen, darunter Kapitalanforderungen und Betriebskosten. Der Trend zu neuen Captives im harten Rückversicherungsmarkt ist nicht eindeutig, aber sie bleiben eine innovative Lösung für das betriebliche Risikomanagement. Traditionelle Rückversicherer bleiben entscheidend für die Branchenstabilität.
Cyber-Risiken, vor allem in Form von Cyber-Kriegsführung und staatlich unterstützten Angriffen, stellen eine große Herausforderung dar. Im Kontext der Versicherung, sollen solche Risiken über Kriegsklausel ausgeschlossen werden. Derzeit gibt es unterschiedliche Herausforderungen wie fehlende klare rechtliche Regelungen, die Unsicherheiten für Versicherer und Versichert darstellen. Die Interviews mit Branchenvertretern zeigen unterschiedliche Meinungen darüber, wie die Versicherungswirtschaft Cyber-Kriegsrisiken wahrnimmt und damit umgeht. Trotz der sich ständig ändernden Natur dieser Bedrohungen besteht weiterhin Bedarf an Forschung und Datenerfassung, um eine gut durchdachte Versicherungslösung zu entwickeln.
Die Rückversicherungsbranche steht auch weiterhin vor großen Herausforderun-gen. So war das Jahr 2022 für die Rückversicherung neben der fortdauernden Corona-Pandemie und Naturkatastrophen-Schäden auch durch den Ukraine-Krieg, die Energiekrise und die Inflation geprägt.
Die Kölner Forschungsstelle Rückversicherung analysiert die aktuellen Entwick-lungen des Rückversicherungsmarktes und begleitet diese gegebenenfalls durch Forschungsprojekte. Dabei verbindet die Forschungsstelle RV ihre Forschungs-aktivitäten mit der Rückversicherungspraxis. Hiermit und mit Hilfe der Durchfüh-rung des jährlichen Kölner Rückversicherungs-Symposiums und der Jahrestagung des Förderkreises Rückversicherung wird ein bidirektionaler Wissenstransfer zwi-schen Theorie und Praxis betrieben. Im Jahr 2022 musste das Kölner Rückversicherungs-Symposiums leider aufgrund Covid-19 ausfallen.
Die Inhalte dieser beiden wissenschaftlichen Veranstaltungen sowie die bearbei-teten Forschungsprojekte fließen in die Lehre an dem Institut für Versicherungs-wesen ein und komplettieren so die praxisorientierte Ausbildung in dem Bereich der Rückversicherung.
In der Kölner Forschungsstelle Rückversicherung sind derzeit acht Mitarbeiter*innen beschäftigt und zudem vier Professoren tätig. Dabei werden sämtliche Personal-, Sach- und Reisekosten vollständig aus Drittmitteln des För-derkreises Rückversicherung finanziert. Zu diesen Finanzierungen gehört unter anderem die Promotion von Herrn Frank Cremer.
Die im Rahmen der 14. Jahrestagung 2021 des Förderkreises Rückversicherung beschlossene finanzielle Unterstützung des gemeinnützigen Vereins „Hilfe für Guinea e.V.“ wurde in 2022 fortgesetzt. Durch die jährliche Spende an dieses Projekt erfüllt die Kölner Forschungsstelle Rückversicherung das für einen offiziellen Forschungsschwerpunkt geforderte Kriterium „Gesellschaftliches Engagement“. Die Spende kommt dem Projekt La Lumière Scolaire zugute. Dieses Projekt finanziert den Schulbau und den laufenden Schulbetrieb für Kinder von Körperbehinderten und Obdachlosen in Guinea.
Die Kölner Forschungsstelle Rückversicherung ist von der TH Köln als offizieller Forschungsschwerpunkt akkreditiert.
Am Beispiel von Naturkatastrophen (NatKat) Rückversicherung lässt sich erkennen, dass wesentliche Elemente klassischer Rückversiche¬rungs-transaktionen darauf abzielen, Informationsprobleme zwischen Erst- und Rückversicherer zu reduzieren. Aktuell gibt es in der Rückversicherungs¬literatur keinerlei Hinweise auf ein Verständnis darüber, wie sich der klassische Transaktionsprozess auf Ergebnisse auswirkt, noch darauf wie sich Auktionen in ihrer Wirkung unterscheiden / wie sich diese auf Ergebnisse auswirken. Ein wichtiges Ziel ist somit die Grundlagenschaffung für die zukünftige Entwicklung einer Marktdesign Diskussion im Rückversicherungskontext.
Anhand bestehender Erkenntnisse in der Auktionstheorie ist nicht eindeutig, ob und in welchen Fällen Einheitspreise oder individuelle Preise zu besseren Ergebnissen für die Verkäufer (Versicherer) führen würden. Weiterhin ist nicht klar, ob öffentliche Auktionen oder verdeckte Auktionen bessere Ergebnisse liefern würden.
Ein Auktionsdesign, das der klassischen Brokerplatzierung nahekommt, ist die Ausubel Auktion (Ausubel, 2004). Dennoch lassen sich keine generellen Aussagen darüber treffen, ob die klassische Platzierung oder Auktionen bessere Allokations¬mechanismen darstellen (vgl. Bulow and Klemperer 1996).
Unter Berücksichtigung von klimatischen und sozioökonomischen Trends ist ein besseres Verständnis der beschriebenen Zusammenhänge für die Stärkung des Rückversicherungsmarktes zunehmend dringend.
Folgende Aspekte lassen sich im Rahmen dieser Forschung festhalten:
• Im ORSA Bericht 2022 dient eine Anlehnung an die Klimawandelszenarien des „Network for Greening the Financial System (NGFS)“ (ein Zusammenschluss der Aufsichtsbehörden und Zentralbanken) als erste Orientierung.
• In Anlehnung an das NGFS sind zwei langfristige (mind. 30 Jahre) Temperaturanstiegsszenarien (< 2°C und ≥ 2°C) zur weiteren Analyse auszuwählen.
• Hierfür bietet sich ein Szenario mit hohem Transitionsrisiko (z.B. „Delayed Transition“) und ein Szenario mit hohem physischen Risiko (z.B. „Current Policies“) an.
• Im ORSA 2022 dienen einfach gehaltene, quantitative Analysen als Basis, um daraus qualitative Aussagen abzuleiten, z.B.:
o Neubewertung per heute (Sensitivitätsanalyse)
o Stresstest mit instantanen Schocks („Zeitreise“)
o Projektion (statisch oder mit Managementregeln)
• Schließlich sind bei der Ableitung von Ergebnissen die Besonderheiten der verschiedenen Bereiche/Sparten zu berücksichtigen:
o die Kapitalanlagen könnten beispielsweise langfristig durch Transitionsrisiken geprägt sein (z.B. steigende Energiepreise)
o die Schaden/Unfallversicherung ist geprägt durch das reformierte Baurecht (klimabewusstes Bauen)
o die Personenversicherung ist geprägt durch lange Vertragslaufzeiten.
Das Thema Environmental Social Governance (ESG) gewinnt auch im Rückversicherungssektor aufgrund gestiegener aufsichtsrechtlicher Anforderungen an Relevanz. Dabei wurde in der Vergangenheit der Schwerpunkt auf Investments gelegt. Nun existieren immer mehr ESG-Kriterien, die das Underwriting betreffen. Welche Effekte dies auf die Branche hat, lässt sich heute noch nicht abschätzen. Klar ist, dass wir uns am Anfang einer langen Transformation befinden. ESG-Kriterien werden zukünftig vermutlich als ein weiterer Aspekt neben der versicherungstechnischen Risikobewertung berücksichtigt.