320 Politik
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Zijad Naddaf fragt danach, wie sich Grenzen und die darin eingelagerte Erzählung von Flucht und Migration durch Praktiken und Diskurse formieren. Vor dem Hintergrund der Flüchtlingszuwanderung und mit Bezug auf Foucault werden Gesamtstrategien der Europäischen Union zur ‚Verteidigung ihrer Gesellschaft‘ diskutiert, unter anderem am Beispiel der Grenzbearbeitungsagentur Frontex konkretisiert sowie das Konstrukt der Europäischen Union als Ordnung herstellendes Dispositiv vorgestellt. Mit Bezug auf solche Formierungen werden die Wege der Fliehenden zu einem Kampffeld, in dem sich sowohl die Autonomie von Migration als auch die beständigen und repressiven Weg- und Raummarkierungen zeigen, die sich bis auf das Meer ausdehnen.
Serpil Ertik erkundet am Beispiel geflüchteter Menschen mit Behinderung, inwieweit die sozialen Kategorien „Migration“ und „Behinderung“ wechselseitig Einfluss auf den Zugang zu zentralen Lebensbereichen nehmen und welche Barrieren und Herausforderungen sich daraus ergeben. Nach einer Erläuterung der wesentlichen theoretischen Konzepte werden im Kern der Arbeit qualitative Interview mit Fachkräften aus der Geflüchteten- und der Behindertenarbeit und zwei Asylbewerber*innen mit einer Behinderung zur Beantwortung der Ausgangsfrage ausgewertet und auch intersektional analysiert.
Die Untersuchungsergebnisse zeigen deutlich, dass der rechtliche Status der Geflüchteten die Zugangsmöglichkeiten zu zentralen Lebensbereichen deutlich erschwert. Prekäre Lebenssituationen in den Gemeinschaftsunterkünften, fehlende Gesundheitsversorgung, Ausschluss aus Integrationskursen und in der Folge soziale Ausgrenzungen sind die Konsequenz der asylrechtlichen Regelungen. Durch diese strukturellen Diskriminierungen wird ein Behinderungsprozess reproduziert. Sprache und Zuschreibungen der aus der Mehrheitskultur stammenden Mitarbeiter*innen konstituieren weitere Machtverhältnisse und Ausschlüsse von Geflüchteten mit Behinderung. Als Konsequenz führen diese Bedingungen zu einem von Fremdbestimmung und Abhängigkeit geprägten Leben, das in deutlichem Widerspruch zu den Anforderungen der UN-BRK steht.